Wenn der Arbeitsplatz ins Homeoffice verlegt wird, verlangt dies von vielen Angestellten, sich an eine völlig neue Arbeitsumgebung zu gewöhnen. Manche können gut mit der neuen Situation umgehen, für andere ist die Umstellung nicht ganz so leicht. Doch welche Gefahren gibt es am Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden? Und unter welchen Voraussetzungen ist der Arbeitgeber zu einer Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice verpflichtet?
Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice
Spätestens mit Beginn der weltweit grassierenden Corona Pandemie mussten sich Arbeitgeber Lösungen überlegen, wie einerseits das Tagesgeschäft im eigenen Betrieb möglichst reibungslos fortgesetzt und gleichzeitig die Gefahren einer Ansteckung minimiert werden können. Um die Kontakte innerhalb des Unternehmens so niedrig wie möglich zu halten, haben wir uns bei ecoprotec daher zunächst für die Einführung eines Farbsystems entschlossen. So konnten unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im wöchentlichen Wechsel im Büro erscheinen und in der Folgewoche von zu Hause aus arbeiten. Als die Infektionszahlen deutschlandweit jedoch immer weiter stiegen, verlegten wir einen Großteil unserer Belegschaft komplett ins Homeoffice, um die Kontaktbeschränkungen weiter zu erhöhen.
Während dieser Zeit waren auch wir mit vielen Umstellungen konfrontiert. Arbeitsprozesse sind seither in vielen Bereichen digitalisiert und neue Regelungen zum Gesundheits- und Arbeitsschutz unserer Kolleginnen und Kollegen mussten getroffen werden. Dazu gehört auch eine Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice, denn die meisten Unfälle passieren auch im Jahr 2021 zu Hause.
Wann ist eine Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice erforderlich?
Laut § 5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) gilt für sämtliche Arbeitsformen die generelle Pflicht, spezifische und mögliche Gefahren am Arbeitsplatz zu ermitteln. Hierfür ist der Arbeitgeber in der Verantwortung. Rein rechtlich gesehen macht es hinsichtlich einer Gefährdungsbeurteilung kaum einen Unterschied, ob eine Mitarbeiterin ihre Arbeit im Büro auf dem Werksgelände leistet oder ob ein Mitarbeiter seinen Job an einem Arbeitsplatz zu Hause verrichtet. Liegt ein Heimarbeitsplatz vor, so muss der Arbeitgeber allerdings bei der erstmaligen Einrichtung eine fachkundige und dokumentierte Gefährdungsbeurteilung vornehmen.
Es ist allerdings gar nicht so leicht, die Gefährdungen für die Arbeit im Homeoffice zu ermitteln. Denn der Arbeitgeber oder eine durch ihn beauftragte Fachkraft für Arbeitssicherheit haben keinerlei Befugnis auf Zugang zu den privaten Räumen der Angestellten. Darüber hinaus ist für viele Unternehmen der zu bewältigende Aufwand eine der größten Hürden. Denn selbst wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin einen Besuch ausdrücklich gestattet, so wäre im Rahmen einer Erstbegehung eine Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice für jeden einzelnen Arbeitsplatz bei jedem Angestellten vorzunehmen und zu dokumentieren.
Arbeit im Homeoffice kann gar nicht gefährlich sein! Oder doch?
Es gibt eine Vielzahl an Gefahren, an die wir vielleicht nicht im ersten Moment denken, die allerdings dennoch auch bei der Heimarbeit existent sind. Für eine gründliche Gefährdungsbeurteilung im Homeoffice müssen der Arbeitsplatz, -ablauf und die -zeit betrachtet werden. Was die Arbeitszeit betrifft, sind die gesetzlichen Regelungen eindeutig. Eine vorgeschriebene Pause muss auch nach sechs Stunden Arbeit im Homeoffice mit einem Umfang von mindestens 30 Minuten eingehalten werden. Darüber hinaus schreibt der Gesetzgeber eine Ruhezeit zwischen zwei Arbeitstagen von mindestens elf Stunden vor. Um sich ausgiebig von der Arbeit erholen zu können und morgens wieder mit klarem und frischem Kopf seiner Beschäftigung nachgehen zu können, sollte von Arbeiten am Wochenende, spät abends oder sogar nachts abgesehen werden.
Durch die Verlagerung vieler Arbeitsplätze ins Homeoffice kam bereits vor der Corona-Pandemie die Frage auf, ob die Beschäftigten sich zu Hause überhaupt vollends auf ihre Arbeit konzentrieren könnten. Doch diese Befürchtung konnte sich bislang nicht bewahrheiten, im Gegenteil: Wie eine US-Studie des National Bureau of Economic Research aus Cambrige, Massachusetts, zum Thema „Arbeiten im Homeoffice“ zeigt, sitzen die Menschen für ihren Arbeitgeber zu Hause oft sogar länger vor den Bildschirmen. Täglich umfasst der freiwillige Mehraufwand fast eine dreiviertel Stunde. Gerade in dieser Hinsicht sind gelegentliche, kurze Pausen ebenso wichtig. Um nicht den ganzen (Arbeits-)Tag auf dem Schreibtischstuhl zu verbringen, sollte auf jeden Fall etwas Bewegung in den Pausen eingeplant werden.
Auch darüber hinaus sind die Gefahren bei der Arbeit im Homeoffice vielfältig. Am häufigsten stellen folgende Gefährdungen ein Problem dar:
- ergonomische Belastungen durch dauerhaft ungesunde Körperhaltung wegen falsch eingestellter Schreibtische und -stühle
- schlechte Beleuchtung für das Lesen von Texten
- zu geringer Abstand zwischen Augen und Bildschirm können dauerhaft zu Beeinträchtigungen des Sehvermögens führen
- schlecht klimatisierte oder durchlüftete Räume
- psychischer Stress
- psychische Belastungen durch fehlende soziale Kontakte
Greift die Unfallversicherung auch im Homeoffice?
Bei der täglichen Arbeit sind Arbeitnehmer auch im Homeoffice abgesichert. Bis vor Kurzem gab es hier allerdings einige Punkte, die sich vom Versicherungsschutz im Betrieb unterschieden. Seit dem 18.06.2021 gilt der „erweiterte Unfallversicherungsschutz für Beschäftigte, die mobil arbeiten“. Bislang waren im Homeoffice unter anderem der Weg zur Toilette oder in die Küche nicht abgesichert, da es sich um „eigenwirtschaftliche Tätigkeiten“ handele. So musste im Falle eines Unfalls stets durch den Zweck der Handlung nachgewiesen werden, dass dieser der beruflichen Tätigkeit zuzuordnen war, damit der Versicherungsschutz auch im Homeoffice griff.
Diese Regelung wurde nun an die aktuelle Entwicklung angepasst. Eine „Unterscheidung lässt sich vor dem Hintergrund der zunehmenden Bedeutung mobiler Arbeitsformen nicht aufrechterhalten.“, so die offizielle Gesetzesbegründung. Auch auf Wegen, die Beschäftigte zurücklegen, um morgens die Kinder zum Kindergarten oder zur Schule zu bringen, sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer seither versichert. Bislang galt diese Regelungen nicht fürs Arbeiten im Homeoffice, sondern ausschließlich für Umwege auf dem Weg in den Betrieb.
Auch bei den Unternehmen, Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern stößt das neue „Betriebsrätemodernisierungsgesetz“ auf große Zustimmung, denn die Gesetzesbegründung sei auch in ihrem Interesse, um neue Beschäftigungsformen ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der neuen Arbeitsumgebung abzusichern. Im Grunde lässt sich hier bereits heute ein eindeutiger Trend erkennen. Zu diesem Schluss kommen auch die Ergebnisse einer Umfrage des Fraunhofer-Instituts zum Thema Zufriedenheit im Homeoffice. Demnach kommen etwa 90 Prozent der Befragten mit der Umstellung immer besser zurecht und fühlen sich an ihrem neu gestalteten Arbeitsplatz sehr wohl. Dieses Gefühl bestätigt sich sowohl bei Teammitgliedern als auch bei Führungskräften und ist branchenübergreifend. Am zufriedensten mit der Arbeit im Homeoffice sind demnach Angestellte in der IT- und Finanzbranche wie auch im produzierenden und verarbeitenden Gewerbe.
Auch hybride Formen wie tages- oder wöchentliche Wechsel der Arbeitsplätze werden immer interessanter für Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Die Digitalisierung macht es möglich. Dennoch müssen in dieser recht neuen Situation wichtige Punkte wie die Arbeitssicherheit oder auch der Datenschutz im Homeoffice vermehrt beachtet werden, da sich mit jeder neuen Situation auch neue Gefährdungspotentiale entwickeln können. Von daher gibt es für uns noch jede Menge zu tun auf diesem Weg, um am Ende auch im Homeoffice Einfach. Sicher. Arbeiten. zu können.